Die drehbare Sternkarte

Anleitung zum Einsatz einer drehbaren Sternkarte. Eine Aktivität zum Thema Orientierung und Beobachtung für 5.-7. Klasse, 8.-10. Klasse und Kursstufe.

Autoren: Thomas Müller, Renate Hubele, Natalie Fischer, Florian Seitz (Aufgabenblatt), Haus der Astronomie, 28.09.2018

Stichworte: Astropraxis, Positionsastronomie, Unterrichtsmittel

Zielgruppen: 5.-7. Klasse, 8.-10. Klasse, Kursstufe

Dauer: -

Lernziele: Orientierung am Sternenhimmel, Aufsuchen von Himmelsobjekten am Nachthimmel

1 Was sehe ich auf der Sternkarte?

Die drehbare Sternkarte besteht aus einer oberen und einer unteren Kreisscheibe, die in der Mitte drehbar miteinander verbunden sind. Der Drehpunkt entspricht dem Himmelsnordpol, dort ist auch der Polarstern.

Die untere Scheibe besteht aus einer Sternkarte, die die wichtigsten Sternbilder mit ihren Verbindungslinien zeigt, die in der Mitte Deutschlands (50° nördliche Breite) theoretisch mit bloßem Auge sichtbar sind. Die Astronomen haben vor vielen Jahren den gesamten Sternenhimmel in 88 offizielle Sternbildbereiche eingeteilt. Diese Einteilung wurde - bis auf die Sternkonstellationen Großer Wagen und Kleiner Wagen - auf dieser Karte übernommen. Die Sternbildnamen sind in GROSSBUCHSTABEN geschrieben.

Die Sterne selbst sind als kleine Punkte dargestellt. Je heller ein Stern ist, desto größer ist der Sternenpunkt auf der Karte. Die Namen der hellsten Sterne eines Sternbildes sind in normaler Schrift dargestellt. Die Verbindungslinien der Sternbilder entsprechen den Empfehlungen der IAU (link). Auch einige Sternhaufen, Nebel und die Andromedagalaxie sind eingezeichnet, man erkennt sie an den kleinen lilafarbenen Quadraten.

Die pinkfarbene gestrichelte Linie ist die Ekliptik. Auf ihr bewegen sich die Planeten, der Mond und die Sonne aus der Perspektive der Erde vor dem Sternenhintergrund.

Das lilafarbene Gradnetz mit seinen Kreislinien und strahlenförmigen Linien zeigt das himmlische Koordinatensystem mit den Koordinaten Deklination δ (Kreislinien) und Rektaszension α (auf den Kreisen senkrecht stehenden Linien). Es entspricht im Wesentlichen dem irdischen Koordinatensystem mit den Koordinaten Breite und Länge. Die Werte der Deklination δ reichen wie bei der geographischen Breite von +90° am Himmelsnordpol über 0° auf dem Himmelsäquator  bis zu -90° am Himmelssüdpol. Auf der Karte sind nur Sterne abgebildet, die oberhalb von α=-40° liegen, da nur diese bei einer geographischen Breite des Beobachters von 50° nördlicher Breite sichtbar sind. Der Himmelsäquator ist der lilafarbene fettgedruckte Kreis, der die Ekliptik an zwei Stellen schneidet:  im Sternbild Jungfrau (Ω) und im Sternbild Fische (ϒ). Der Schnittpunkt ϒ wird auch Frühlingspunkt genannt, denn die Sonne befindet sich zu Frühlingsanfang (21.3.) genau an dieser Stelle. Analoges gilt für den gegenüberliegenden Herbstpunkt Ω. Dort steht die Sonne zu Beginn des Herbstes (23.9.)

Die Werte der Rektaszension α von 0h bis 24h werden auf Skala am Scheibenrand abgelesen. Sie entsprechen der geographischen Länge. Der Nullmeridian, der beim irdischen Koordinatensystem durch Greenwich verläuft, beginnt beim himmlischen Koordinatensystem am Frühlingspunkt und verläuft am Horizont gegen den Uhrzeigersinn (Osten->Norden->Westen->Süden). Die Rektaszension α wird in Stunden, Minuten und Sekunden angegeben. Das hat damit zu tun, dass sich das himmlische Koordinatennetz im Vergleich zum irdischen Koordinatensystem in 23 Stunden und 56 Minuten einmal um die Erde dreht.

Ebenfalls auf der unteren Scheibe liegt weiter innen der helllilafarbene Kreisstreifen mit der Datumsanzeige (Monat und Tag).

Die obere Scheibe der drehbaren Sternkarte besitzt einen undurchsichtigen Teil und einen ovalen transparenten Bereich, durch den ein kleiner Bereich der unteren Sternscheibe sichtbar wird. Der Rand dieses Ovals entspricht dem Horizont des Beobachters. Auf diesem sind auch die vier Himmelsrichtungen aufgetragen.

Durch den ovalen Bereich verläuft eine Linie vom Nordpunkt des Horizontes über den Zenit Z zum Südpunkt des Horizonts. Dies ist der sogenannte Himmelsmeridian. Alle Sterne erreichen dort ihren höchsten oder tiefsten Punkt über dem Horizont (Kulmination).

Des Weiteren ist auch die Verbindungslinie zwischen dem verbleibenden Ost- und dem Westpunkt dargestellt.

Am Rand dieser Scheibe befindet sich die Uhrzeitenskala, die die 24 Stunden des Tages in 10-Minuten-Schritten zeigt.


2 Was sehe ich nicht auf der Karte?

Die Karte zeigt lediglich Himmelsobjekte ohne merkliche Eigenbewegung an. Himmelsobjekte wie der Mond, die Sonne und die Planeten, aber auch Kometen, Satelliten oder die ISS ändern ständig ihre Positionen und wandern über den Himmel. Ihre Position lässt sich auf der Karte finden, wenn z. B. die Koordinaten des Objekts bekannt sind.


3 Wie benutze ich die Sternkarte?

 

Aufgrund der Rotation der Erde ändert sich der Sternhimmel über uns ständig. Um mit der Sternkarte den Himmel zu einem bestimmten Datum und Uhrzeit darzustellen, muss die Karte zuerst eingestellt werden.

Dazu befindet sich am Rand der oberen Scheibe eine Skala mit Uhrzeiten, unterteilt in 10-Minuten-Schritten. Diese Scheibe wird nun so gedreht, bis die gewünschte Uhrzeit mit dem gewünschten Datum, das auf der unteren Scheibe abgebildet ist, übereinstimmt.

 

Um den Sternhimmel am 20. März um 23:00 MEZ auf der Sternkarte einzustellen, müssen sich der Datumsstrich für den 20.März (untere Scheibe) und der Uhrzeitstrich für 23:00Uhr (obere Scheibe) berühren. Jetzt ist die Karte auf den gewünschten Zeitpunkt eingestellt. Die beiden Scheiben sollten nun nicht mehr zueinander verdreht werden.

Der ovale, transparente Ausschnitt auf der Sternkarte zeigt nun den gesamten sichtbaren Sternhimmel an. Der Rand des Ausschnittes entspricht dabei dem Horizont, die Himmelsrichtungen sind markiert.

Um Sternbilder am Himmel zu entdecken, muss die Karte noch in die entsprechende Himmelsrichtung ausgerichtet werden. Dazu wird die Karte so gedreht, dass die Himmelsrichtung, in die man blickt, auf der Karte unten steht (Siehe Abbildung). Dann entsprechen die Sternbilder auf der Karte dem Anblick des Himmels.

Der Kreuzungspunkt der Ost-West und Nord-Süd-Linien auf der Karte (mit Z markiert) entspricht dem Zenit, dem höchsten Punkt über dem Beobachter. Alle Sterne, die auf der Karte zwischen dem unteren Horizont und dem Zenit abgebildet sind, befinden sich am Himmel vor dem Beobachter. Die Sterne, die zwischen dem Zenit und dem gegenüberliegenden Horizon abgebildet sind, befinden sich hinter hinter dem Beobachter.


3.1 Wie finde ich die Himmelsrichtungen im Dunkeln?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Himmelsrichtungen in der Nacht zu bestimmen. Am einfachsten ist sicherlich, einen Kompass oder ein Handy mit Kompass-Funktion zu verwenden. Aber auch ohne diese Hilfsmittel ist es möglich, sich zu orientieren:

Am zuverlässigsten ist es, den Polarstern am Himmel zu finden. Im Gegensatz zu allen anderen Sternen ändert der Polarstern, oder Polaris, seine Position im Laufe der Zeit nicht, er scheint am Himmel stillzustehen. Das liegt daran, dass die Erdachse beinahe genau auf den Polarstern zeigt. Daher steht er immer genau im Norden

Um ihn zu finden, bedient man sich des wohl bekanntesten Sternbildes am Nordhimmel, dem Große Wagen. Er ist eine zirkumpolare Sternkonstellation und daher zu jeder Jahreszeit zu sehen.

Hat man den großen Wagen gefunden, verlängert man dessen hintere Wagenkante um das etwa fünffache nach oben (vom Wagen aus gesehen). Dort befindet sich der Polarstern.

Direkt unterhalb des Polarsterns befindet sich die Nordrichtung. Süden ist genau auf gegenüberliegenden Seite, Westen links und Osten rechts.


 

3.2 Wo kann ich die Sternkarte überall benutzen?

Je nachdem, wo wir uns auf der Erde befinden, sieht der Sternhimmel etwas anders aus. Unsere Sternkarte ist für den 50. Breitgrad auf der Nordhalbkugel entworfen: Hier liegen etwa die Städte Mainz, Rüsselsheim, Aschaffenburg oder die südlichen Ausläufer des Frankfurter Flughafens. Weltweit verläuft der 50° Breitengrad durch die Südspitze Englands, nördlich der Grenze von Kanada zu den USA und durch mehrere asiatische Länder.

Strenggenommen gilt die Sternkarte nur für diese Regionen. Bewegen wir uns vom 50. Breitengrad nach Norden oder Süden, müssten das „Himmelsoval“ der Sternkarte auch weiter nach unten oder oben (in Nord- oder Südrichtung) verschieben. Die nördlichsten und südlichsten Punkte in Deutschland liegen aber auf dem 55° nördlicher Breite bzw. 47° nördlicher Breite, das entspricht also einer maximalern Verschiebung von 5 Grad. Auf unserer Karte entspricht das knapp 4mm. Das ist vernachlässigbar. Die Karte kann daher problemlos in ganz Mitteleuropa benutzt werden. Heidelberg liegt übrigens bei 49,4° nördliche Breite.

 

Eine Bewegung in Ost-West-Richtung korrigiert man bei der Sternkarte nur durch eine Änderung der Uhrzeit. Pro nach Osten gelaufenen Längengrad muss zu der Uhrzeit 4 Minuten dazugerechnet werden, pro Grad nach Westen 4 Minuten abgezogen werden. Da unsere Nachbarländer dies in ihren Zeitzonen schon berücksichtigt haben, kann man getrost die dortige Zonenzeit verwenden.


4  Wie finde ich Himmelskörper über ihre Koordinaten auf der Karte?

Die Koordinaten Deklination δ und Rektaszension α eines Himmelskörpers lassen sich aus Himmelsatlanten oder im Internet finden. Manche Koordinaten sind zeitlich unverändert (z. B. Nebel, Sternpositionen), andere wiederum verändern sich im Laufe der Zeit (Mond, Planeten, Sonne). Um eine Position auf der Karte zu finden, sucht man zunächst die Rektaszensionsangabe auf der äußeren Umrandung der unteren Scheibe. Von dort geht man Richtung Himmelsnordpol und sucht die passende Deklination auf. Ein Lineal oder der Himmelsmeridian können an dieser Stelle als Verlängerung der passenden Rektaszension helfen.

Beispiel: α =14h15m, δ=+20°. An dieser Stelle steht der Stern Arktur im Sternbild Bärenhüter.

4.1 Wie finde ich die Planeten?

Kenne ich die Koordinaten des gesuchten Planeten, so suche ich seine Position direkt auf der Sternkarte.

Vielleicht weiß ich aber nur, dass ein bestimmter Planet gerade irgendwo sichtbar ist. Dann empfiehlt es sich, die Ekliptik entlang der gerade sichtbaren Sternbilder des Tierkreises abzusuchen, denn nur dort bewegen sind die Planeten. Welcher Stern ist auf der Karte nicht zu sehen aber am Himmel? Dabei hilft es zu wissen, dass das Planetenlicht nicht so funkelt wie Sternenlicht. Mit bloßem Auge lassen sich die Planeten Venus, Mars, Jupiter und Saturn eher leicht, Merkur und Uranus eher schwer beobachten.

4.2 Wann geht ein Sternbild auf oder unter?

Alle Sternbilder gehen in östlicher Richtung auf und in westlicher Richtung unter. Ausnahmen sind die zirkumpolaren Sternbilder, die sich nahe am Himmelspol befinden, wir zum Beispiel die bekannten Sternbilder Großer Wagen, Kleiner Wagen und Kassiopeia. Sie gehen weder auf noch unter.

Ein Sternbild geht auf, sobald sich sein erster Stern oberhalb des Horizontes befindet. Daher wird die obere Scheibe so lange gedreht, bis dies der Fall ist. Nun beim gewünschten Datum (untere Scheibe) die Uhrzeit (obere Scheibe) ablesen. Analog kann man auf diese Weise herausfinden, wann ein Sternbild untergeht: hier wird es zum Westhorizont gedreht und wieder die Uhrzeit bei dem gewünschten Datum abgelesen.

Beispiele:

Wann geht der Orion am 3. Oktober auf? Um 22 Uhr.

Wann ist der Orion vollständig aufgegangen? Um das herauszufinden, dreht man die obere Scheibe so lange, bis sich das Sternbild Orion vollständig oberhalb des Osthorizontes befindet. Beim Orion ist es am 3. Oktober um 23.52 Uhr.

4.3 Wann ist ein Sternbild am besten sichtbar?

Am höchsten und damit am besten sichtbar sind Sterne und Planeten, wenn Sie genau im Süden stehen, also auf dem Himmelsmeridian liegen. Dazu wird die obere Kreisscheibe so lange gedreht, bis das Sternbild genau im Süden liegt. Lese dann die Uhrzeit beim entsprechenden Datum ab.

 

 

FunFact: Großer Wagen – Große Bärin – Großer Bär?

Manchmal erinnern uns Sterngruppen an Bilder von Gegenständen oder Tieren. Die Wahrnehmung ist aber von Person zu Person oder auch von Land zu Land sehr unterschiedlich. Unser „Große Wagen“ ist in Frankreich zum Beispiel eine Schöpfkelle und in Irland ein Pflug. Damit man sich aber weltweit über Sternbilder unterhalten kann, haben die Astronomen den gesamten Himmel einheitlich in 88 Sternbilder eingeteilt. Leider kam der Große Wagen nicht unter die Top 88. An seiner Stelle steht nun das viel größere Sternbild Große Bärin (Ursa Major). Der Große Wagen ist dort der lange Schwanz und der hintere Rücken der Bärin. Warum wir aber Großer Bär statt Große Bärin sagen, ist unklar.

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